Heute macht sich kaum noch jemand die Mühe, zwischen Nikolaus und Weihnachtsmann zu unterscheiden. Ganz besonders auffällig ist das in der Berichterstattung der Zeitungen. Da treten Nikoläuse bei Vereinsweihnachtsfeiern (in der zweiten Novemberhälfte) auf - und auf den Bildern ist - ein Weihnachtsmann zu sehen. Wer dann seinen Ärger per Leserbrief kundtut wird schnell zum Spielverderber á la: “Der Nikolaus ist für alle da, nicht nur für die Kirche und natürlich vor allem für die Kinder...”

Trotzdem macht es manchmal Sinn einen phantasievollen Leserbrief zu schreiben. Hier zwei davon als Idee. Der erste entstand nach einer Pressemeldung des Arbeitsamtes, das seine “Nikoläuse” anpries und dabei mit einem Weihnachtsmann warb.

Nikolaus meldet sich zu Wort!

Wenn man zu meiner Zeit, damals im 4. Jahrhundert, im Hafen von Myra einen Tagelöhner suchte, einen Zimmermann zum Beispiel - dann fand man leicht einen solchen; der Arbeiter, der sich als Bäcker vorstellte, war selbstverständlich ein wirklicher Bäcker und auch die Zeltmacher, die man für einen Denar Tagelohn anstellte, verstanden ihr Handwerk.

Das scheint heute beim Dinslakener Arbeitsamt anders zu sein. Wenn ich einen Feinmechaniker suche - bekomme ich wohl einen Hufschmied ins Haus geschickt. So möchte man meinen, denn das, was das Arbeitsamt da als Nikolaus anpreist, ist bestenfalls ein lieblos verkleideter Weihnachtsmann. Vielleicht ist es aber auch nur jemand, der sich nach dem Duschen in der Tür geirrt hat und im roten Bademantel versehentlich auf die Straße geraten ist.

Ich bin gern bereit, dem Arbeitsamt in Sachen Nikolaus als Berater zur Seite zu stehen. Natürlich vom Himmel aus, wo ich seit Jahrhunderten lebe. Zu meiner Lebzeit war ich Bischof der Stadt Myra. Weil mein Wirken und die Art, wie ich meine Pflicht erfüllte, die Menschen damals beeindruckte, haben sie mich bis heute nicht vergessen. Dabei habe ich doch immer nur versucht, so zu handeln, wie es unser Herr Jesus Christus auch getan hätte. Und der war nun mal besonders für arme, alte und kranke Menschen da. So kommt es, dass man mich bis heute als gutes Beispiel und als Gabenbringer auftreten lässt; natürlich in priesterliche Gewänder gekleidet, in einen weiten Chormantel gehüllt und mit Mitra und Bischofsstab gleich als Bischof erkennbar.

Ach ja, der Weihnachtsmann! Davon spreche ich ja nicht so gern. Wir sind nämlich tatsächlich verwandt - eine illegitime Seitenlinie der Familie (wie Sie wissen, lebte ich als Bischof ja ehelos). Er ist ein Urgroßneffe achten oder neunten Grades und vor knapp 70 Jahren in Amerika zur Welt gekommen. Viel mehr weiß ich von ihm auch nicht - nur, dass er heute im Marketingbereich arbeitet. Und - er soll sich von Zeit zu Zeit an seinen alten Urgroßonkel erinnern - und zur Weihnachtszeit Geschenke bringen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Nun denn, wenn das Arbeitsamt gern Hilfe in Sachen Nikolaus wünscht - in einer Woche bin ich wieder im Lande - und natürlich für alle Fragen unter nikolaus@kreuzzeichen.de erreichbar. Vielleicht steigen dann im nächsten Jahr die Anfragen wieder, wenn nämlich der "echte" Nikolaus ins Haus kommt, ein Mensch, der in die Fußstapfen des Nikolaus von Myra tritt, Kindern Freude macht und ihnen von der Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes und vom bevorstehenden Geburtsfest Jesu erzählt.

Nikolaus contra Weihnachtsmann
ein weiterer Leserbrief

Nur selten wird ein Unterschied gemacht zwischen dem Nikolaus und dem Weihnachtsmann, für viele Menschen ist das ein und dieselbe Figur. Mit einem augenzwinkernden Leserbrief im Stil eines biologischen „Bestimmungsbuches“ habe ich mal „Nachhilfe gegeben“. 

Weihnachtsmann (Santa americanensis cocacolensis). Ursprünglich in den USA heimisch; Grundfarbe rot mit weißem Fellbesatz; meist klein und untersetzt; ausgeprägte weiße Gesichtsbehaarung, sonore Stimme, Degenerierte Zuchtform des Santa Claus (Episcopus myrensis americanensis) aus den Werbelabors der Coca Cola Inc. (um 1930). Kommt von Natur aus vor allem in den Herbst- und Wintermonaten vor. Sein Winterschlaf beginnt schlagartig mit dem Abend des 25. Dezember. Von diesem Zeitpunkt an ist kein öffentliches Auftreten mehr belegt. Man trifft ihn in Kleinformen zu Tausenden in Lagern und Regalen der Supermärkte; von dort erweitert er sein Siedlungsgebiet innerhalb weniger Wochen auf 98 % aller Privathaushalte. Eine mittelgroße Unterart erklimmt in Einbrechermanier Hausfronten, verharrt zur Täuschung gern stundenlang still. Voll ausgewachsene Großformen trifft man zumeist mitten in Gruppen der Art Homo sapiens sapiens; feiert gern auf vorgezogenen Weihnachtsfeiern und -Märkten; besucht Kaufhäuser. Vom Nikolaus einfach zu unterscheiden durch Bekleidung mit roter Zipfelmütze und rotem Bademantel mit Besatz. Besondere Verhaltensauffälligkeiten: heimlicher Geschenkebringer; leicht reizbar, tritt dann mit Prügelwerkzeugen in Erscheinung, gibt Allwissenheit vor, manchmal witzig, unberechenbar, wandelt sich vom Geschenkebringer schnell zur Werbefigur, will dann trickreich verkaufen. Im Bestand nicht bedroht; Maßnahmen zur Reduzierung des Aufkommens sind erwünscht; Kleinformen zumeist eßbar.

Nikolaus (Episcopus myrensis). Ursprünglich an der kleinasischen, später türkischen Mittelmeerküste (bei Antalya) heimisch, Grundfarbe rot (häufig), weiß-gold-rot (selten); ausgeprägte Gesichtsbehaarung; nutzt Stäbe als Gehhilfe; kommt von Natur aus nur in der ersten Dezemberhälfte vor. Die Art ist belegt seit dem 5. Jahrhundert. Sein Winterschlaf beginnt um den 6. Dezember eines jeden Jahres. Kleine und mittlere Formen sind ausgesprochen selten. Voll ausgewachsene Großformen des Nikolaus trifft man meist in der Nähe von Kirchen, Kindergärten und kirchlichen Gemeindehäusern an; am Abend des 5. und 6. Dezember auch in Privatwohnungen; selten in Kaufhäusern, Einkaufszonen und Weihnachtsmärkten. Vom Weihnachtsmann unschwer zu unterscheiden durch Bischofshut (Mitra), Krummstab, Bibel und priesterliche Gewänder. Besondere Verhaltensauffälligkeiten: heimlicher Geschenkebringer (meist in Schuhen versteckt), sehr sanftmütig im Umgang mit jungen Homo sapiens sapiens, milde, erzählt Geschichten von früher. Im Bestand bedroht, da Revierkonkurrent des Weihnachtsmann und geringe Vermehrungsrate, Schutz- bzw. Ansiedlungsmaßnahmen sollten ergriffen werden.

Nachdem das Dinslakener Arbeitsamt auch in diesem Jahr (2004) wieder seine “Nikoläuse” (mit rotem Mantel, schwarzen Stiefeln, Rauschebart und Bommelmütze) bewarb, die gerne zwecks Bescherung am 5., 6. und 24. Dezember zu Besuch kämen konnte ich meine Finger nicht von einer e-mail an die Zeitung abhalten. Die zuständige Dame wird mich inzwischen hassen! Zumal in diesem Jahr kein Mensch Interesse an den “Nikoläusen” gezeigt hatte:

Tja, woran mag es wohl liegen, daß dem Arbeitsamt die Kundschaft für die vermittelten Weihnachtsmänner oder Nikoläuse ausgeht? Denn gerade, wenn die Leute den "Gürtel enger schnallen", ist ja der Nikolaus gefragt. Schließlich sah sein historisches Vorbild seine Aufgabe darin, denen zu helfen, die den Gürtel allzu eng tragen mußten. Als Bischof einer kleinen - heute türkischen - Stadt hat er dafür gesorgt, daß es in Notzeiten etwas Essen gab, daß unschuldige Mädchen nicht in die Arbeits-Sklaverei verkauft wurden, daß Arme und Bedürftige erhielten, was sie zum Leben brauchten. Genau der richtige Mann in Zeiten von Arbeitslosengeld II und Harz IV.

Vielleicht müßte das Arbeitsamt aber sein Angebot mal neu ausrichten, kreuzt es doch jahrein jahraus unbeirrt und munter Nikolaus mit Weihnachtsmann zum Nikomann und Weiholaus. Der Nikolaus trägt nun mal keine rote Zipfelmütze und keinen weißabgesetzten leuchtend roten Mantel und schwarze Stiefel. Das sind Kennzeichen des Weihnachtsmannes. Ein richtiger Nikolaus trägt Mitra und Bischofsstab. Das weiss heutzutage (fast) jedes Schul- und Kindergartenkind. Es käme ja auch keiner auf die Idee, St. Martin zu krönen und auf einem Kamel reiten zu lassen, nur weil das besser aussieht. Der 5. und 6. Dezember ist nun mal der Nikolaustag (und da sollten die Weihnachtsmänner schön zu Hause bleiben). Die sind erst später dran. Und können dann - zu Weihnachten - auch noch genügend Gutes tun und Freude stiften.

Und umgekehrt - welcher Weihnachtsmann will sich den Schlitten mit dem rotnasigen Rentier vom Nikolaus wegnehmen lassen? Den schnittigen Schneeflitzer hat man ihm nämlich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten verpaßt. So wie auch die ganze Gestalt dort "kreiert" wurde. 1863 veröffentlichte nämlich der Grafiker Thomas Nast in Harpers Illustrierten das Bild eines Weihnachtsmannes. Den gab es auch schon vorher, nur damals ähnelte er mehr dem Knecht Ruprecht und war ein Überbleibsel aus der Zeit der Reformation. Es war Martin Luther nämlich nicht gelungen, den Christen die Freude an dem heimlichen Gabenbringer auszutreiben. Dazu kamen noch Volksbräuche aus Nordeuropa. Seit 1863 sah der Weihnachtsmann dann dem Arbeitsamts-Modell von heute schon ziemlich ähnlich. Seinen letzten Schliff gab ihm dann 1931 der Zeichner Haddon Sundblom für eine Werbecampagne für Coca Cola. Eine der erfolgreichsten Werbecampagnen aller Zeiten! Mit dem Siegeszug der braunen Brause begann auch der Siegeszug des Weihnachtsmannes in Deutschland. Coca Cola hat ihm das vertraute Gesicht gegeben. Und die rote Farbe.

Mit dem Nikolaus hat das nicht mehr zu tun, als daß dieser einer der Vorbilder für die Weihnachtsmann-Figur war, so eine Art Urururururgroßonkel. Erhalten hat sich vom Nikolaus in der Weihnachtsmann-Figur nur, daß er von diesem die Funktion des (vor)weihnachtlichen Gabenbringers übernahm. Was beide ja auch gleichermaßen sympathisch macht, oder?

Auf die Leserbriefe gab es zahlreiche persönliche, schriftliche und telefonische Rückmeldungen - zumeist positiver Art.

Für liturgisch korrekte Leser: Sie haben recht. Messgewand und Chormantel werden nicht gemeinsam getragen. Aber die Fotos entstanden an sehr kalten Tagen. Da war das eine gute Lösung!

Hier noch ein Text zum Advent, vielleicht auch ganz hilfreich...

Wissen Sie, wann spazieren gehen im Dezember am Schönsten ist? Ich finde, in den frühen Abendstunden. Von Jahr zu Jahr staune ich mehr, was sich die Leute so einfallen lassen, um ihr Haus oder ihre Wohnung mit Lämpchen, Figuren und Leuchtbändern in Szene zu setzten. War früher die Weihnachtsbeleuchtung in den Innenstädten ein High-Light, für das man sich auf den Weg machte, lohnt diese heute keine Fahrt in die Stadt mehr. In vielen normalen Straßen wird längst mehr geboten.

So fuhr ich kürzlich mit einigen Kindern und einer muslimischen Mutter durch die Stadt und es kam zu folgendem Dialog: „Warum ist das bei euch (Christen) so, dass die Leute ihre Häuser mit Lichtern schmücken?“ „Das hängt mit Weihnachten zusammen.“ „Aber bis Weihnachten dauert es doch noch.“ „Ja, aber die meisten Leute können nicht warten, das ist so, als wenn ihr (Muslime) das Zuckerfest schon am Anfang des Ramadan feiern würdet.“ „Aber das geht doch nicht, erst kommt das Fasten, dann das Fest.“ „Ja, bei uns im Grunde auch...“

Wussten Sie noch, dass die Adventszeit keine Vorweihnachtszeit ist, sondern eine Zeit der Besinnung, der Ruhe, der Stille, des Verzichts? Manchmal hat man das Gefühl, wir hätten Angst vor der Dunkelheit. Kaum hat der November begonnen, hängen die ersten Lichterketten und St. Martin ist gerade vorbei, da belagern schon die Weihnachtsmänner die Straßenränder.

Dass schon Monate vor Weihnachten die Geschäftsleute verrückt spielen, das kann ich ja verstehen, hängt doch bei vielen die Existenz am gelungenen Weihnachtsgeschäft. Aber müssen wir uns auch gleich mit verrückt machen lassen? Warum gedulden wir uns nicht und gestalten den Advent so, wie er mal gedacht war?

Jörg Zink, der evangelische Theologe schreibt schon vor Jahrzehnten: „Es ist lange her, dass die Tage des Advents Tage der Stille waren, in denen man einen inneren Weg, Schritt für Schritt bedächtig ging, durch die kürzer werdenden Tage und die langen Nächte auf die eine Stelle, die Krippe zu, in der man mitten in der Dunkelheit ein Geheimnis empfing. Es ist, als wäre diese Zeit verloren, überflutet von Lichtern und überlärmt von Worten, überrannt von rastloser Leere...“

Wohlgemerkt, ich möchte Ihnen nichts von dem ausreden, was Sie als schön und richtig gefunden haben. Sie sollen auch nichts tun, weil das einer von der Kirche so meint, sondern weil sie spüren, dass die Adventszeit auch als Zeit des Wartens und der Zurückhaltung einen wichtigen Wert hat.

Ich weiß nicht, ob Sie das auch so sehen, aber es fehlt uns einfach etwas in unserem Leben und zu unserem Glück, wenn wir vergessen, dass zum Zuckerfest das Fasten gehört, zu Weihnachten der Advent und zu Ostern die Fastenzeit. Solche Ereignisse brauchen ein langsames darauf zugehen, sonst verliert sich ihre Bedeutung zwischen Kommerz und Konsum. Sonst werden solche Feste schaal und verlieren ihren Charakter als Hoch-Zeiten des Jahres.

Wie würde ich mich freuen, wenn die unvermeidlichen Weihnachtsmänner bis Weihnachten im Schrank blieben und statt dessen am 4. Dezember kahle, scheinbar tote Kirschzweige in die Wohnung kämen. Und was für eine Freude und welches kleine Wunder, wenn sie bis Heiligabend erblühen. Wie schön wäre es, wenn der Nikolaus am 6. Dezember wieder zu seinem Recht käme, mit seinen kleinen Geschenken und einfachen Freuden, als kurzer Vorgeschmack auf Weihnachten, ein Aufscheinen der Liebe Gottes.

Was für ein Erlebnis, wenn wir uns in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember wieder über die Geburt eines kleinen Kindes im Stall von Bethlehem freuen können. Wie herrlich, wenn es uns wieder gelingen würde, die Kinder und die Schwachen in den Mittelpunkt allen Bemühens im privaten wie im politischen Bereich zu stellen. Als Christ würde es mich glücklich machen, wenn mehr und mehr Menschen im Blick auf das Kind in der Krippe wieder entdecken, dass Gott in Jesus einen neuen Anfang für eine bessere Welt gewagt hat und uns einlädt ebenso klein wieder anzufangen und die Welt Stück für Stück menschlicher, lebenswerter, ja gnädiger und barmherziger zu machen.