„Dieser Bischof will den Weihnachtsmann verbieten“ so stand es in großen Lettern im vergangenen Jahr (2005) auf den Regionalseiten der BILD-Zeitung. Der „böse“ Bischof war in diesem Fall Weihbischof Ostermann aus dem Bistum Münster. In der Überschrift noch zur typisch - kirchlichen „Spaßbremse“ abgestempelt, setzte sich der Artikel selbst ganz positiv mit dem Anliegen auseinander, die Gestalt des Nikolaus unter der „Weihnachtsmann-Verkleidung“ wieder sichtbarer zu machen.
Erste Erfolge verzeichnen dabei eine ganze Reihe von Initiativen.
Die Fernsehzeitung „Gong“ der Nikolaus-Woche 2007 bringt als erste und erstmals seit Jahren (Jahrzehnten) richtige Nikolaus-Aufkleber heraus. Die sind aber so kitschig geworden, dass man gar nicht recht froh darüber sein kann.
Das ist schon mal ein erster Vorteil des Weihnachtsmann. Er schützt den Nikolaus davor, zum Werbeträger zu mutieren und er schützt ihn auch vor gnadenloser Verkitschung. Was aus dem Nikolaus werden kann, wenn es nicht einen solchen „Kitschableiter“ gäbe, das kann man im Dezember in den Niederlanden durchaus beobachten.
Es macht wohl wenig Sinn den in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr etablierten „weihnachtlichen Synkretismus“ mit seinen Zentralgestalten Christkind und Weihnachtsmann abschaffen zu wollen. Auch wenn das Bonifatiuswerk mit der Aktion „Weihnachtsmannfreie Zone“ diesen Weg zu gehen versucht.
Es wird wohl nicht gelingen, schon deshalb, weil viele Menschen sich bereits zu sehr von ihren christlichen Wurzeln entfernt haben. Wer weiß auch, was vor diesem Hintergrund aus dem Heiligen Nikolaus werden würde, wenn er wieder zu einer adventlichen Zentralfigur würde und der Wunsch nach einer „weihnachtsmannfreien Zone“ wahr würde. Die Kraft seiner Legenden und seiner christlichen Botschaft haben schließlich auch nicht verhindert, dass er über die Jahrhunderte zum Weihnachtsmann verkommen ist.
Dass Nikolaus einmal als der grösste Heilige überhaupt galt, ist kaum noch bekannt. Man verehrte ihn als Schutzpatron der Schiffer und Fischer, der Getreidehändler und Apotheker, ja sogar der Diebe und Räuber. Um ihn ranken sich so viele Legenden wie um kaum einer anderen Person. Am Anfang der Nikolausverehrung im Abendland steht ein abenteuerlicher Reliquienraub: Schiffer und Geschäftsleute aus Bari entführten seine Gebeine 1087 aus Myra nach Italien. Bari wurde ein Wallfahrtszentrum, das mit Rom konkurrieren konnte. Überaus beliebt ist Nikolaus nach wie vor in der orthodoxen Kirche. Aus den Geschichten und Legenden schält sich das Bild eines ungewöhnlich menschenfreundlichen Kirchenmannes heraus, volksnah und von einer enormen Ausstrahlung. Aus den Legenden sprechen Güte, Mut und Zivilcourage. Nikolaus entspricht dem Bild der Barmherzigkeit Gottes.
Dass Nikolaus vielerorts an seinem Festtag "erscheint" und Geschenke verteilt, ist ein Brauch aus dem Mittelalter.
In dem Maße, wie der Schenk-Brauch im Gefolge der Reformation auf das Weihnachtsfest rutschte, wuchs das Bedürfnis nach einem wunderbaren Gabenbringer auch in evangelischen Familien. So entstand zunächst das Christkind und gleich darauf die Kunstfigur des „Weihnachtsmannes“, einer Art säkularisierten, weltlichen Nikolaus. Es ist ja interessant, dass diese Kunstfigur niemals versucht hat, eine christliche Botschaft auszurichten oder überhaupt mit der zentralen Erzählung der Weihnacht in Betlehem in Kontakt zu kommen.
Unterschieden wird zwischen Nikolaus und Weihnachtsmann aber vor allem in Kontinentaleuropa. In England und Amerika kommt alljährlich nur der Santa Claus. Der entwickelte sich aus dem niederländischen Sinterklaas in Amerika und kehrte schliesslich als Father Christmas oder Weihnachtsmann nach Europa zurück. Immerhin hat der Weihnachtsmann damit schon eine mindestens 200jährige Geschichte. Da ist er in unserer schnelllebigen Zeit eine durchaus „altehrwürdige“ Brauchtumsfigur und ebenso wie „Zahnfee“, „Halloween“, und andere flachwurzelnde Feste und Gestalten aus der „Neuen Welt“ aus der Brauchtumslandschaft des „Alten Europa“ kaum mehr wegzudenken. Schließlich haben es auch die Landschaftspfleger fast aufgegeben, die Einwanderer in der Tier- und Pflanzenwelt in Europa auszurotten. Es ist aussichtslos, Riesenbärenklau, Waschbär und Weihnachtsmann werden wohl bleiben.
Allemal besser als die ewige kirchliche Rolle der „Spaßbremse“ und des Spielverderbers ist es jedoch, den Nikolaus als wirkliche und würdige Alternative vorzustellen und eine positive Botschaft zu bringen. Als Christen wollen wir den Kindern nicht den Spaß verderben, im Gegenteil, wir wollen ihnen eine zusätzliche und tiefere Freude machen. Es ist mir viel wichtiger, dass wir als Christen wissen, was wir wollen und was wir zu bieten haben. Dann brauchen wir vor den Erscheinungen der säkularisierten Welt keine Angst zu haben. Und nur auf diesem Weg ist der Nikolaus bis heute populär geworden und geblieben, trotz allem Weihnachtsmanngeklingel und Gebimmel noch immer bekannter und beliebter als mancher große Theologe. Denken Sie mal an Albertus Magnus oder Bernhard von Clairvaux, die an theologischer Größe und sprachlicher Brillianz dem Hl. Bischof Nikolaus weit voraus waren, was dieser zu Lebzeiten sicher neidlos anerkannt hätte.
Vielleicht kann es mit etwas Gelassenheit auch gelingen, dem wunderlichen Halloweenfest eine christliche Botschaft abzuringen. Schließlich ist es Jesus Christus, der uns den Mut schenkt, den Glauben an eine finstere Gegenwelt voller Hexen, Vampire und Dämonen zu besiegen. Wenn es gelänge, aus dem Halloween eine Art zweiter Karneval etwas gruseliger Couleur zu machen und nach dem Fest am Allerheiligentag die Botschaft des Glaubens zu vermitteln, wäre schon vieles gewonne. Und was ist daran anders als am Karnevalstrubel mit dem dann folgenden Aschermittwoch. Wir haben schon ganz andere heidnische Feste in unserer Geschichte „getauft“.
Wobei der Weihnachtsmann meiner Ansicht nach gerne Heide bleiben kann. Er ist ein harmloser Vogel und kann zu gegebener Zeit den Kindern als das vorgestellt werden, was er ist; ein verkleideter, mehr oder minder kinderlieber Geselle, bei dem es nicht wie bei Nikolaus (oder zu Weihnachten) um die Freude des Gebens und Schenkens geht. Oft durchschauen die Kindern diesen Kameraden schon selbst. Mehr als einen falschen Bart, Zipfelmütze und einen mehr oder minder prächtigen roten Bademantel hat ja der gemeine Weihnachtsmann auch nicht zu bieten. Wenn der Sack mit den Geschenken mal leer ist, was bleibt dann noch? Ein bischen Hohoho..., die ein oder andere romantische Weihnachtsstory und das Einsammeln von Wunschzetteln?
Angesichts unserer Weihnachtsmänner würde sich der amerikanische Designer des ultimativen Weihnachtsmannes (Haddon Sundbloom) heute wohl auch im Grabe umdrehen.
Der wahre Kinderfreund war Nikolaus zu seiner Zeit und in seiner Folge viele, die in dessen Fußspuren seine Botschaft weiter immer sagten und auch ganz handfest spürbar machten. Letztendlich wird sich der Nikolaus durchsetzen, natürlich nur, wenn wir uns die Mühe machen ihn und seine Botschaft der Mitmenschlichkeit überzeugend und nicht miesepetrig und miesmachend den Menschen anzubieten. Es gibt viele Wege dazu. Der mit den Schokoladen-Nikoläusen ist nur einer davon...
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